Donnerstag, Juni 14, 2007

13.06.2007 08:59 Uhr
Luftbrücke für Strom Es werde Licht!

Physiker haben elektrische Energie erstmals drahtlos über eine Strecke von zwei Metern übertragen. Die Technik könnte zukünftig auch Handys und Laptops mit Strom versorgen.

Im Jahr 1904 veranstalteten die Organisatoren der Weltausstellung in St. Louis einen Wettbewerb. Wem es gelänge, Strom mit einer Leistung von 75 Watt 30 Meter weit drahtlos zu übertragen, der sollte 3000 Dollar kassieren.

Doch erst jetzt - mehr als ein Jahrhundert später - gelang es Physikern, eine 60-Watt-Glühbirne aus immerhin zwei Metern Entfernung zum Leuchten zu bringen, ohne hierfür eine Leitung zu legen. Mit dieser Technik könnten in Zukunft Akkus von Laptops und Handys drahtlos aufgeladen werden, berichten André Kurs und Marin Soljacic vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) im Fachjournal Science (online).

Die Forscher haben die sogenannte Induktion weiterentwickelt, ein physikalisches Prinzip, das Elektromotoren antreibt, auf modernen Herdplatten Kochtöpfe heizt und neuerdings auch elektrische Zahnbürsten drahtlos auflädt. Dabei erzeugt ein magnetisches Wechselfeld, das in einer stromdurchflossenen Spule entsteht, in einer zweiten Spule Strom.



Strom (1) erzeugt in einer Spule (2) ein Magnetfeld (3) mit einer Frequenz von zehn Megahertz. Weil eine andere, zwei Meter entfernte Spule (4) genau auf dieser Frequenz zum Schwingen angeregt werden kann, entsteht in dieser ein Wechselstrom, der die Glühbirne (5) zum Leuchten bringt.

Bisher funktionierte das aber nur, wenn die beiden Spulen wenige Millimeter voneinander entfernt sind. Für die neue, "WiTricity" genannte drahtlose Energieübertragung konstruierten die Forscher zwei Spulen aus Kupferdraht, jede etwa so groß wie eine Schuhschachtel. In der einen Spule erzeugten sie ein reines Magnetfeld, das mit einer Frequenz von zehn Megahertz schwingt, also zehn Millionen Mal pro Sekunde seine Polarität ändert.

Diese Spule dient als Sender. Die zweite Spule - den Empfänger - stimmten die Forscher so exakt ab, dass sie genau bei dieser Frequenz resonant zum Schwingen angeregt werden kann. Das funktioniert ähnlich wie in der Akustik: Spielt man auf der Geige den Kammerton A und hält eine Stimmgabel daneben, so fängt die Stimmgabel an zu schwingen, wenn ihre Resonanzfrequenz getroffen wird.

Als die Physiker die Spulen aufeinander ausrichteten, löste das schwingende Magnetfeld im Sender ein magnetisches Wechselfeld in der zwei Meter entfernten Empfänger-Spule aus. Dabei entstand Strom, der die Glühbirne zum Leuchten brachte - sogar, als die Forscher Wände aus Holz und Metall zwischen die Spulen stellten.
Die Spulen sind dabei so konstruiert, dass sie keine elektromagnetischen Wellen ausstrahlen, wie sie etwa zur Übertragung von Radiosignalen verwendet werden. Diese breiten sich in alle Richtungen aus und verlieren sich in den Weiten des Raumes - als Medium zur gezielten Übertragung von Energie wären sie daher uneffektiv. "WiTricity" arbeitet mit Magnetfeldern - im Laborversuch kamen immerhin 40 Prozent der Energie, die in den Sender gesteckt wurde, bei der Glühbirne an.

"Das ist ein beachtlich hoher Wirkungsgrad", sagt Ulrich Wagner, Elektrotechniker an der TU München, der die Angaben der Forscher nachgerechnet hat. Erreichen könne man diesen jedoch nur, wenn die Spulen von sehr hoher Qualität seien. "Für den Massenmarkt wären sie zu teuer", sagt Wagner.

Dieses Problem will Marin Soljacic jedoch lösen - seine Vision lautet: "Sobald man einen Raum betritt, in dem ein Sender installiert ist, werden Laptop und Handy automatisch aufgeladen." Das sei eine "verlockende Idee", sagt Wolfgang Schwarz von der TU Dresden, noch übersteige die verwendete Technik jedoch die zulässigen Grenzwerte des Strahlenschutzes: "Die Feldstärken sind zehn bis hundert Mal so hoch wie bei Handys.

Ich würde mich nicht zwischen die Spulen stellen." Soljacic und Kurs haben aber berechnet, dass es in Zukunft möglich sein sollte, die Sicherheitsstandards einzuhalten.

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